KI.ASSIST beim 2. Kongress der Teilhabeforschung

20.09.2021 | Neuigkeiten

Am 15.  und 16. September 2021 fand der 2. Kongress der Teilhabeforschung statt. Veranstalter waren die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen und das Aktionsbündnis Teilhabeforschung. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen war die „Teilhabe durch Digitalisierung“ ein weiterer thematischer Schwerpunkt des Kongresses.

Das Projekt KI.ASSIST war am 15. September mit zwei Vorträgen vertreten:

Barbara Lippa vom Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke (BF BFW) zeigte in ihrem Beitrag „Lern- und Experimentierräume für Künstliche Intelligenz in der beruflichen Rehabilitation – Transformativ forschen für mehr Teilhabe am Arbeitsleben“ anhand des Projekts auf, wie Teilhabeforschung als transformative Forschung gedacht werden kann.

Lern- und Experimentierräume für Künstliche Intelligenz in der beruflichen Rehabilitation – Transformativ forschen für mehr Teilhabe am Arbeitsleben

Barbara Lippa, Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke, Berlin

Mit der Digitalisierung und insbesondere der fortschreitenden Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) wird sich die Arbeitswelt über kurz oder lang verändern. Wir stehen noch relativ am Anfang eines Veränderungsprozesses, der von vielen Akteur*innen mitgestaltet wird und dessen Auswirkungen noch ungewiss sind. Die Einsatzmöglichkeiten von KI waren bisher stark von der Produktivitätslogik der Wirtschaft und damit von Automatisierungsszenarien geprägt. Daher wird die Debatte um KI in der Arbeitswelt bisweilen von der Angst dominiert, dass KI die Menschen nach und nach ersetzen wird. Dies gilt umso mehr für Menschen mit Behinderungen. Zukunftsszenarien für eine Arbeitswelt mit KI berücksichtigen das Thema Inklusion kaum. Erstmalig untersucht das vom BMAS geförderte Projekt KI.ASSIST im Kontext der beruflichen Rehabilitation, wie KI-Technologien Menschen mit Behinderung beim Lernen und Arbeiten unterstützen und zu mehr Teilhabe am Arbeitsleben beitragen können. Dies ist per se ein normatives Ziel, das mit einer intendierten Transformation hin zu einer inklusiven Arbeitswelt einhergeht. In der klassisch orientierten Transformationsforschung wird – aus der Distanz – auf die mit der Digitalisierung einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen geschaut.

Wie Teilhabeforschung aber auch als transformative, den Wandel mitgestaltende Forschung gedacht werden kann, das diskutiert der Beitrag am Beispiel des Projekts KI.ASSIST. Dabei wird der im Projekt verfolgte, auf dem Konzept der Aktionsforschung aufbauende Forschungsansatz der sogenannten Lern- und Experimentierräume (vgl. Boes et al. 2017) besprochen. Anhand von Beispielen aus drei Berufsförderungswerken wird veranschaulicht, wie konkrete Lösungen vor Ort partizipativ gestaltet werden und dabei System-, Ziel und Transformationswissen für verschiedene Akteur*innen (Rehabilitierende, Fach- und Führungskräfte in Rehaeinrichtungen, Kostenträger, Politik, Technikentwickler, Wissenschaft) gewonnen wird.

Literatur:

Boes, A.; Bultemeier, A.; Kämpf, T.; Lühr, T.; Marrs, K.; Ziegler, A. (2017): Neuland gestalten. Das Konzept der betrieblichen Praxislaboratorien. In: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hg.). Werkheft 03. WeiterLernen. Berlin. S. 154–162.

Dr. Berit Blanc vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) ging in ihrem Vortrag „Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung durch KI-gestützte Assistenzsysteme: Potenzial aus Sicht von Inklusions- und KI-Expert*innen“ der Frage nach, welche digitalen Assistenztechnologien mit KI-Komponenten am ehesten die Arbeit und Arbeitsteilhabe von Menschen mit Behinderungen unterstützen könnten.

Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung durch KI-gestützte Assistenzsysteme: Potenzial aus Sicht von Inklusions- und KI-Expert*innen

Dr. Berit Blanc, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, Berlin

Mit dem Ziel, einen Überblick über KI-gestützte Assistenztechnologien für Menschen mit Behinderung am Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu schaffen, wird im Verbundprojekt KI.ASSIST ein sogenanntes Monitoring durchgeführt. Dieses Monitoring besteht im ersten Teil in der Recherche, d.h. systematischen Suche und Erfassung von arbeits- und ausbildungsunterstützenden Technologien, die sich an Menschen mit Behinderung richten oder aber richten könnten, und die darüber hinaus Komponenten Künstlicher Intelligenz enthalten, z.B. zur Bilderkennung oder Spracherzeugung. Zentrale Rechercheergebnisse zeigen, dass fast drei Viertel der erfassten Assistenztechnologien Behinderungsarten adressieren, und zwar insbesondere Körper- und Sinnesbehinderungen. Das Angebot von KI-Systemen zur Teilhabe an Arbeit von Menschen mit ​Lern- und psychischen Einschränkungen ist hingegen deutlich geringer.

Ob die recherchierten KI-gestützten Assistenztechnologien für Menschen mit Behinderung beim Arbeiten und Lernen auch geeignet sind, war Inhalt des zweiten Monitoring-Teils: die Validierung. Insgesamt 100 Inklusions- und KI-Expertinnen und Experten nahmen an leitfadengestützten Telefoninterviews und einer Online-Befragung teil. Sie bewerteten steckbriefartig vorgestellte Beispieltechnologien hinsichtlich verschiedener Aspekte, z.B. Unterstützungsgrad, Usability und vergaben jeweils eine Gesamtnote. Bei der Ergebnisvorstellung im Vortrag ist die Frage leitend, welche digitalen Assistenztechnologien mit KI-Komponenten aus Sicht von Expert*innen das meiste Potenzial bieten, die Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung zu unterstützen bzw. zu ermöglichen.

Inwiefern KI-Technologien tatsächlich die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Arbeit unterstützen, untersuchen das DFKI und die KI.ASSIST-Verbundpartner zurzeit in sogenannten Lern- und Experimentierräumen (LER) in ausgewählten Berufsbildungswerken, Berufsförderungswerken und Werkstätten für behinderte Menschen. Zum Tagungszeitpunkt sollen erste Eindrücke aus einzelnen LER geschildert und den Expert*innen-Einschätzungen gegenübergestellt werden.

 

Weitere Informationen zum 2. Kongress der Teilhabeforschung sind zu finden unter: https://www.teilhabeforschung.org/kongresse/2021/ueberblick

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