Wie haben wir Lern- und Experimentierräume umgesetzt?

Zu Beginn des Forschungsprojekts hat das Projektteam einen einheitlichen Prozess für die Gestaltung und Umsetzung der Lern- und Experimentierräumen (LER) erarbeitet. Mit dieser Vorgehensweise wurden allgemeine Qualitätsstandards festgelegt und eine einheitliche Evaluierung der LER ermöglicht. Im Folgenden werden die einzelnen Phasen des LER-Prozesses mit den jeweiligen Zielen und dem Vorgehen vorgestellt. Ergänzt wird die Prozessdarstellung durch ausgewählte Erfahrungen und Ergebnisse aus der internen und externen Evaluierung der LER.

Zielsetzung: Das Ziel der Bedarfsermittlung ist es, die Unterstützungsbedarfe von Menschen mit Behinderungen in ihrem jeweiligen Ausbildungs- und/oder Arbeitskontext in den teilnehmenden Einrichtungen und dem Unternehmen zu benennen und zu verstehen. Diese bilden den Ausgangspunkt für weitere Überlegungen zur Technologieauswahl und für die darauffolgende Gestaltung der Anwendungsszenarien.

Vorgehen: Um die Bedarfe zu erfassen, wurden im Projekt KI.ASSIST neben Auftakt-Workshops und Vor-Ort-Besuchen in den Einrichtungen auch Ist- und Bedarfsanalysen, eine Online-Befragung von Menschen mit Behinderungen sowie im Rahmen des Design Thinking-Ansatzes Interviews mit Rehabilitandinnen und Rehabilitanden und Beschäftigten sowie ein Workshop zur Identifizierung von konkreten Unterstützungsbedarfen und LER-Zielen durchgeführt. Im weiteren Prozess der LER-Gestaltung diente die im Workshop entwickelte Persona als ein wesentlicher Ankerpunkt, um die erarbeiteten Zwischenergebnisse immer wieder mit den Bedarfen der Zielgruppe abzugleichen.

Zielsetzung: Die zweite Phase des LER-Prozesses hatte zum Ziel, vorhandene KIgestützte Assistenztechnologien mit den spezifischen Anforderungen von Menschen mit Behinderungen zusammen zu bringen.

Vorgehen: Anhand der in Phase 1 definierten Unterstützungsbedarfe wurden die in einer Literatur- und Webrecherche identifizierten Technologien für den deutschen Sprachraum einer Vorauswahl von grundsätzlich in Frage kommenden Technologien unterzogen. Für besonders vielversprechende und für die LER geeignet erscheinende Technologien wurden darüber hinaus in Machbarkeitsanalysen u. a. Verfügbarkeit, technische und ethische Rahmenbedingungen, Kosten sowie weitere ergänzende Informationen zur Technologie direkt beim Anbietenden erfragt. Technologien, die als machbar eingestuft wurden, konnten in einem weiteren Design Thinking Workshop mit den Problemen, Bedürfnissen und Zielen der Persona abgeglichen und bewertet werden. Im Nachgang wurden die Workshop-Ergebnisse in den Einrichtungen und dem Unternehmen in einem breiteren Kreis (weitere Fach- und Führungskräfte, Rehabilitandinnen und Rehabilitanden) vorgestellt und diskutiert, bevor die Entscheidung für eine Technologie getroffen wurde, die in einem LER erprobt werden sollte.

Zielsetzung: Die Zielsetzung der dritten Phase war die Entwicklung eines Szenarios zur Erprobung des ausgewählten KI-gestützten Assistenzsystems inklusive der Festlegung der benötigten Ressourcen (Personal, Sachmittel) und nötiger Weichenstellungen zur Umsetzung (z. B. hinsichtlich des Daten- und Arbeitsschutzes, Hygienebestimmungen etc.). Das Szenario sollte dabei das Experimentieren mit der Technologie fördern.

Vorgehen: Um eventuell. auftretende Fragen zum möglichen Einsatz der ausgewählten Technologie im Rahmen eines LER zu klären, wurde in dieser Phase die Expertise der jeweiligen Technologie-Herstellenden eingebunden. In einem dritten Design Thinking Workshop wurde ausgehend von den Ergebnissen der vorangegangenen Phasen sowie den spezifischen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Einrichtungen bzw. dem Unternehmen überlegt, welche Inhalte und Aktivitäten der LER umfassen soll, wann und wo die ausgewählte Technologie eingesetzt werden kann, welche Fachkräfte sowie Rehabilitandinnen und Rehabilitanden bzw. Beschäftigte im LER mitwirken sollten und wie häufig die Technologie genutzt werden soll. Außerdem wurden ggf. Phasen und ein typischer Tagesablauf für die Durchführung des LER entwickelt. Da auch Personalressourcen sowie Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung des LER (technische Infrastruktur, rechtliche Aspekte, Schulungen etc.) im Mittelpunkt standen, wurden in die Workshops nach Möglichkeit Führungskräfte und entscheidungsbefugte Personen einbezogen. Die konkrete Ausarbeitung des LER-Szenarios erfolgte in den Einrichtungen und im Unternehmen im Anschluss an den Workshop. Basierend darauf wurden anschließend Verträge mit den Herstellenden geschlossen, die Technologien beschafft sowie beispielsweise auf die Technologie abgestimmte Datenschutzdokumente und spezifische Schulungsmaterialien erarbeitet.

Zielsetzung: In der Pilotphase sollte das entwickelte Szenario überprüft und, wenn nötig, angepasst werden. Dies ist insbesondere für Technologien wichtig, für die zielgruppenspezifische Inhalte entwickelt oder angepasst werden müssen. Weitere Ziele dieser Phase waren: 1) Schulungen zu „allgemeinen digitalen Kompetenzen“, um das Grundverständnis der am Projekt teilnehmenden Fachkräfte und Menschen mit Behinderungen von Künstlicher Intelligenz und KI-gestützten Assistenzsystemen, Anwendungsmöglichkeiten sowie damit zusammenhängenden Themen wie Datenschutz und Datenverarbeitung zu fördern. 2) Die Einführung der Fachkräfte in das jeweilige Assistenzsystem sowie deren Qualifizierung als Multiplikatoren und Multiplikatorinnen für TechnikSchulungen für weitere Interessierte.

Vorgehen: In dieser Phase wurden die LER eingerichtet und erste Technologie-Erprobungen mit ausgewählten Rehabilitandinnen und Rehabilitanden durchlaufen. In der Pilotphase wurden die weiter oben beschriebenen Kompetenzschulungen durchgeführt und die begleitende Evaluation der LER startete mit ersten Befragungen zu den Schulungen.

Zielsetzung: Die regelmäßige und alltagstaugliche Anwendung der LER-Technologie mit einer möglichst großen Nutzergruppe stand im Mittelpunkt der Erprobungsphase. Ziel dabei war die Generierung von Wissen zum Einsatz der KI-gestützten Assistenzsysteme in der beruflichen Rehabilitation, um die unterschiedlichen Fragestellungen des Projekts zu beantworten. Beispielsweise wurde in der Arbeitsgruppe „Ethik, KI und Menschen mit Behinderungen“ ein LERSzenario exemplarisch ethisch bewertet. Die LER bilden darüber hinaus eine wesentliche Grundlage für die Erstellung der beauftragten KI.ASSIST-Rechtsexpertisen.

Vorgehen: Die Anwendung der Technologie begann mit einer datenschutzrechtlichen Aufklärung zu der jeweiligen LER-Technologie und ggf. mit Schulungen für neue LER-Teilnehmende. Der Einsatz der Technologie konnte, je nach Einrichtung bzw. Unternehmen und LER-Szenario, in mehreren Zyklen mit unterschiedlichen Zielgruppen stattfinden. Die LER-Teilnehmenden wurden zum Umsetzungsprozess sowie zu ihren Nutzungserfahrungen mit der eingesetzten Assistenztechnologie befragt. Die Datenerhebung wurde durch den externen Evaluierungspartner durchgeführt. Parallel nahmen LER-Teilnehmende an einer Peerto-Peer-Befragung nach der nueva-Methode teil. Am Beispiel von drei LER wurde zudem durch Rechtsexpertisen geprüft, welche rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Einführung und Nutzung KI-gestützter Assistenzsysteme in der beruflichen Rehabilitation berücksichtigt werden müssen.

Zielsetzung: Die letzte Phase des LERProzesses dient der Auswertung der erhobenen Daten und der Formulierung von Handlungsempfehlungen. Darüber hinaus werden Möglichkeiten zur Verstetigung des Einsatzes der erprobten Assistenzsysteme in den teilnehmenden Einrichtungen bzw. Unternehmen gesucht.

Vorgehen: Die Ergebnisse der internen und externen Evaluation zur Planung, Pilotierung und Durchführung der KI.ASSIST LER wurden vom Projektteam und dem externen Evaluierungspartner hinsichtlich der Forschungsfragen ausgewertet. In der Arbeitsgruppe „Inklusive Arbeitswelt mit KI“ wurden die erprobten Technologien mit den zugehörigen Umsetzungsszenarien zudem hinsichtlich ihrer Eignung für den Einsatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bewertet. Anhand eines im Projekt entwickelten Modells für die digitale Transformation in der beruflichen Rehabilitation wurden Erfolgskriterien, Handlungsfelder und Stakeholder beleuchtet und in Verbindung gesetzt. Daraus wurden Handlungsempfehlungen für die zukünftige Entwicklung, Einführung und Nutzung KI-gestützter Assistenzsysteme für Menschen in der beruflichen Rehabilitation und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abgeleitet, die unterschiedliche Akteure adressieren. Gemeinsam mit den LER-Einrichtungen wurden zudem die Möglichkeiten zur dauerhaften Nutzung der LER-Technologien und die Übertragbarkeit der Ergebnisse für die allgemeine berufliche Rehabilitation erörtert und festgehalten.